Über vier Meter können sich die Flügelspitzen des A 340-600 in Turbulenzen bewegen. Wer das ständige meterweite Auf und Ab der Flügel im Versuch beobachtet, bekommt eine Vorstellung von der Materialbelastung, der ein Verkehrsflugzeug ausgesetzt ist.
94 Hydropuls Prüfzylinder von Hänchen bewegen das Flugzeug im Materialprüfstand. Sie sind die mechanische Kernkomponente eines Zeitraffertests. Mittels des Zeitraffertests werden innerhalb von 18 Monaten die Bewegungsabläufe eines ganzen Flugzeuglebens von 25 - 30 Jahren simuliert. Dieser Airbus wird mindestens 35.000 Flüge im Prüfstand absolvieren – und dabei niemals die Halle direkt neben dem Flughafen Dresden verlassen.
„Für den dynamischen Test der Materialermüdung an Flugzeugen ist die Hydraulik die Kerntechnologie zur Belastungssimulation. Denn Steuer-, Mess- und Fluid-Technik arbeiten bei uns Hand in Hand“, so Woithe. „Die Rechner müssen in Echtzeit Vorgaben machen, die dann mit Hilfe von SPSen über Regelkreise mit Kraftmess-Dosen im Soll-Ist-Vergleich angesteuert werden. Neben der Steuerung dienen sie auch der Vorbeugung vor Überbelastungen. Hochwertige Prüfzylinder sind eine Grundvoraussetzung, um hier einen realistischen Testablauf zu gewährleisten. Dabei haben wir in 27 Jahren gemeinsam mit Hänchen immer wieder neu die Grenzen des möglichen definiert und trotzdem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei hoher Termintreue erreicht.“ Erfolgreich wurden die Prüfzylinder aus Ostfildern durch ihre Stärken wie besonders niedrige Reibung, optimale Dichtheit, exzellentes Ansprechverhalten, geringer Verschleiß, extreme Kolbengeschwindigkeit, geringes Losbrechmoment, Dauerfestigkeit und lange Lebensdauer.
Aus Sicherheitsgründen werden mehr als zweieinhalb Flugzeugleben experimentell nachgewiesen. Um die Materialermüdung zu prüfen, werden dabei alle Flugphasen simuliert: Das sind Start und Landung sowie alle Flugphasen, bei denen der Airbus Lastwechseln ausgesetzt ist, also vertikale und horizontale Böen sowie Flugmanöver. So kann selbst ein langer Transatlantik-Flug bei guten Wetterbedingungen auf ein Simulationsprogramm von einer viertel oder halben Stunde zusammengefasst werden. Für die Kategorien Kurz-, Mittel- und Langstreckenflüge wurden jeweils eine Reihe von typischen Flügen vom Standardflug bis zum harten Extremflug definiert. Sie bestehen aus Belastungsdaten für die Flugzeugzelle mit der Zuordnung zu einem Höhen-Profil. Denn die Kabine wird über eine Kompressoranlage und zwei Windkessel je nach simulierter Höhe unter einen erhöhten Innendruck gesetzt, um die Druckdifferenz zwischen Kabine und Umgebung entsprechend der jeweiligen Flughöhe zu simulieren. Aus diesen Flugtypen wird ein Flight-by-Flight Programmablauf erstellt, der mehr als 1.000 Flüge umfasst. Er wird solange wiederholt, bis die vorgegebene Anzahl von Gesamtflügen erreicht ist. Ständige Sichtüberwachung durch Inspektoren, umfangreiche, tagelange Inspektionen der gesamten Teststruktur sowie periodische Messungen von 3.600 Dehnstreifen und 80 Verformungsaufnehmern stellen sicher, dass auftretende Schäden umgehend gefunden werden. Da das Flugzeug schadenstolerant konstruiert ist, werden Risse nach dem Entstehen in ihrer Entwicklung beobachtet, bis die kritische Länge erreicht ist. Danach wird eine Reparatur oder ein Teiletausch durchgeführt. Durch ein ausgeklügeltes Überwachungssystem wird sichergestellt, dass nicht versehentlich nicht beabsichtigte, insbesondere jedoch keine zu hohen Belastungen aufgebracht werden.
Die Genauigkeitsanforderungen machen es notwendig, dass Störkräfte wie z.B. stick-slip-Effekte der Zylinder vermieden werden. An den Flügelspitzen beispielsweise treten sehr geringe Rückstellkräfte auf, sie müssen aber gleichzeitig mit bis zu 670 mm/s bewegt werden. Dabei werden die Flügel bis 2,9 m aus der Null-Lage nach oben, bis 1,2 m nach unten bewegt. Doch es kann leicht zu Störschwingungen der weichen Strukturen kommen, wenn die Kolben und Kolbenstangen der Hydraulikzylinder nicht möglichst leichtgängig sind. Hier werden Toleranzen von nur 3 Prozent der Zylindernennlast akzeptiert, in der Praxis liegen diese unter 2 Prozent. Störschwingungen würden zu ungewollten, Lastabweichungen führen und die Testergebnisse verfälschen. Besonders die Hydraulikzylinder mit der von Hänchen patentierten schwimmenden Ringspaltdichtung werden deshalb bei den Strukturversuchen an Flugzeugen eingesetzt, da sie druck-unabhängig immer die selbe Reibung haben. In ihnen verformt sich eine Büchse aus Stahl durch einen Drosselspalt und erzeugt so einen berührungsfreien Dichtspalt von wenigen 1/100 mm. Voraussetzung für diese Technologie ist eine Produktionsgenauigkeit im Bereich weniger μm, da ansonsten die Leckage zu hohen hydraulischen Verlusten führt. Diese Zylinder-Baureihe 320 in Servofloat® Ausführung bringt einen Kostenvorteil von rund 30% gegenüber Zylindern mit hydrostatisch gelagerter Kolbenstangenführung. Die Prüfzylinder von Hänchen bieten durch ihre sehr geringe Reibung die Möglichkeit, sehr hohe Positionier- und Wiederholungsgenauigkeit, sind stick-slip-frei und für äußerst langsame und schnelle Bewegungen gleichermaßen geeignet. Für die Auswahl der Hänchen Hydraulikzylinder war aber auch die Standfestigkeit ausschlaggebend. Schließlich läuft der Versuch 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche.
Komplexe Inhouse- und Kunden-Projekte machen Hänchen heute zum verlässlichen Qualitäts-Anbieter kompletter Prüfmaschinen. Hier spiegelt sich unsere langjährige Kompetenzentwicklung - angefangen beim Zylinderbau, erweitert um Elektronikkomponenten und vollständige Antriebssystemen. Inzwischen bietet Hänchen seinen Kunden ganze Maschinen, einschließlich Antriebsachse, Gestell und Maschinenelementen.